AW: Der Stadtplatz
Ethan
Ethan hatte sich schon längst aufgegeben. Eigentlich etwas seltenes bei ihm, denn bis jetzt hatte er immer irgendeinen Schlupfwinkel finden können, in dem er sich verstecken oder über den er flüchten konnte. Doch diesmal gab es keinen Ausweg. Der Flug vom Lager in diese eigenartige Stadt bekam er nur noch am Rande mit und auch dass sie jetzt endlich wieder ein richtiges Zuhause hatten drang nicht mehr in sein Bewußtsein durch. Alles verschwand und er wartete darauf, dass sein Leben vor seinem inneren Auge ncoh einmal ablief. Eben genau so, wie er es schon hundertmal von jene gehört hatte, die dem Tode nahe waren. Aber es kam nichts, nicht einmal ein Funken Erinnerung an seine Mutter, seine Schwester, ja nicht einmal Enola war mehr wirklcih präsent in seinem Denken. War es das wirklich gewesen? Schied man so aus dem Leben? Hörte man einfach auf zu denken und alles wurde Schwarz? Er hätte gerne Enolas Gesicht noch einmal gesehen, es sogar gerne noch einmal berührt und doch war er auch irgendwie sehr glücklich darüber. So würde ihm wenigstens der Wehmut erspart bleiben. Er würde einfach gehen und nicht mehr zurückkommen. Ethan machte einen tiefen Atemzug. Er spürte nichts mehr. Nicht einmal die Blüten bemerkte er, die in seine Hand gelegt wurden und auf seiner Brust verstreut wurden. Es war als würde er sich inmitten einer Seifenblase befinden die ihn von allen äusserlichen Einflüssen schützte und ihn einfach nur noch weg brachte. Das einzige was er hören konnte, war das regelmässige aber immer schwächer werdende Klopfen seines Herzens. Es hatte einen sehr eigenartigen Rythmus angenommen. Es schlug zwei mal schnell, dann setzte es aus, dann rang es noch einmal danach gegen seine Brust zu hämmern, dann setzte es wieder aus. Es kämpfte. Aber Ethan wußte dass es ein sinnloser Kampf war und irgendwie mußte er mitleidig über sein kleines, schwächer werdendes Herz lächeln. Wieviele Schläge es wohl noch versuchen würde, bis es aufgeben und ihn in Ruhe sterben lassen würde?
Angestrengt, als würde es nichts wichtigeres im Moment geben, lauschte er seinem Herzschlag. Versuchte tief in sich hineinzuhören und dann war es soweit. Es blieb still, er schnappte noch einmal nach Luft und spürte wie all seine Muskeln nachließen. Sein Arm fiel schlaff von seinem Körper und der letzte Atemzug huschte über seine Lippen. Zufrieden hatte Ethan die Augen geschlossen und das mitleidige Lächeln lag immer noch auf seinen regungslosen Lippen.
Regungslos und mit Feuerblumen übersät lag der geschwächte Körper in der Liege. Es war als wäre Ethan einfach nur eingeschlafen und der Hexer war nicht gewillt jemals wieder aufzuwachen. Er war bereit gewesen diese Welt und jede andere für immer zu verlassen, die Menschen die er liebte zurück zu lassen und zu wissen, dass er trotz allem immer ein Teil dieser Welt bleiben würde, ein Teil von Enola sein würde. Denn sie trug sein Kind unter ihrem Herzen.
Ethan seufzte leise bei diesem Gedanken auf, sich nicht dessen bewußt, dass er immer noch an seinem irdischen Dasein gebunden war. Es war immer noch so still um ihn herum, er befand sich immer noch in dieser Seifenblase die ihn vor alles schützte, die kein Laut zu ihm durchdringen ließ, weshalb er auch nicht hörte wie Enola den Zauberspruch sagte und das rettende Ritual zu Ende brachte. Erst als er tief in sich drin ein leises Anklopfen hörte, ein schwacher Versuch zurück zum Leben zu finden, beschlich ihm der Verdacht, dass es wohl doch einen Schlupfwinkel gegeben hatte, durch das er wieder einmal gerettet wurde. Das Anklopfen wurde lauter, so als würde jemand dringend danach verlangen dass man ihm die Türe öffnete, doch alles was Ethan tun mußte war zu Atmen, die Augen aufzuschlagen und die Wärme zu spüren, die seinen Körper umgab. Und leise, völlig lautlos schnappte er reflexartig wieder nach Luft, als wäre er soeben aus einem tiefen See aufgetaucht. Er schlug die Augen auf, fühlte sich von dem hellen Licht des Tagesanbruchs geblendet und spürte wie die Kräfte zurück in seine Muskeln kehrte.
Immer noch lautlos, so als würde die Seifenblase immer noch um ihn herum sein, schaffte Ethan es sogar bereits nach wenigen Sekunden sich aufzusetzen. Das Ritual das Enola gesprochen hatte, brachte ihm von Sekunde zu Sekunde frischen Lebensmut und all die Lebensgeister zurück nach denen sein Körper unerbittlich rief. Doch ließ Ethan sich Zeit, zu sich zu finden. Er genoss es regelrecht endlich wieder Zeit zu haben, aber schon bald wurde diese unheimliche Stille, die sich an diesem so fremden Ort niedergelegt hatte für Ethan erdrückend, bis er die Stimme hörte, nach der er sich gesehent hatte.
Hat es funktioniert? scheinbar tausendmal echote die Frage in seinen Gedanken wider und erneut stahl sich ein Lächeln auf seinen Lippen, als er begann zu begreifen. Vorsichtig und nichts übereilend erhob sich Ethan von seinem Krankenlager. Es fühlte sich komisch an wieder auf seinen eigenen zwei Beinen zu stehen. Es hörte sich auch alles eigenartig an, denn nach und nach kamen die Geräusche zurück an sein Ohr, wenn auch noch ziemlich verzögert und mit einem Echo. Seine Sicht war nicht gerade besser. Es war als würden sich alle in Zeitlupe bewegen und ihre Bewegungen verwischt in der Luft hängen bleiben. Umso vorsichtiger machte Ethan den ersten Schritt auf Enola zu und erkannte Holly direkt neben der Zauberin (hoff das ist in Ordnung
).
Ethan spürte wie ihm die Knie schwach wurden, dennoch wollte er jetzt weder ebenfalls in die Knie stürzen, noch irgendeine Schwäche zeigen. Nicht jetzt wo doch vorallem jetzt sein Herz so unaufhörlich und hoffnungsvoll gegen seine Brust hämmerte! So streckte Ethan die Hand in Richtung Holly aus, blickte ihr kurz in die Augen wie zu einem wortlosen Einverständnis, das er sich sofort wieder hinlegen würde, sobald er sich bei Enola bedankt hatte und blieb dann direkt vor der Zauberin stehen.
Der trockene Mund, der kratzende Hals machte es ihm schwer ein Wort zu sagen, dennoch lächelte der Hexer und blickte voller Liebe auf die Zauberin hinab, vollig vergessend ob es nun alle anderen erfahren würden oder nicht, jetzt war nur eines wichtig. Ihr zu sagen, dass es funktioniert hatte. Dass sie alle gerettet waren.
"Ja, das hat es..." flüsterte er in die Stille hinein und legte eine Hand auf Hollys Hand, dankbar für ihre Hilfe und für ihre Stütze, während weiterhin sein Blick erschöpft, aber glücklich den Blick von Enola suchte.