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Die Gesänge der Dhole

StillesWasser

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2 Februar 2003
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3.816
Ort
Wien
Liebe Mama, lieber Papa!

Hier bei Oma in den Bergen ist es wirklich schön! Man kann viel weiter gucken als bei uns in New York, weil es keine hohen Häuser gibt. Und es gibt auch keinen Krach, denn die Leute haben hier nicht so viele Autos. Oma meint, deshalb, und weil es hier keine Fabriken gibt, ist die Luft auch viel besser. Jedenfalls habe ich noch keine gesehen, obwohl ich schon gerne wüsste, wo die Leute hier ihre ganzen Sachen herkriegen, die sie brauchen. Oma meint zwar, dass die Menschen hier in den Bergen nicht so viel brauchen wie in der Stadt, aber ich glaube das nicht. Vielleicht kommen die Sachen ja mit der Bahn, so wie ich? Es gibt übrigens auch viel mehr Tiere als bei uns. Auch wenn ich immer ein ganzes Stück von Omas Hof laufen muss, um die Schmetterlinge und Käfer zu finden. Die gibt es da nämlich nicht. Oma sagt, sie ist froh darüber, weil das alles nur Ungeziefer ist. Aber ich finde sie trotzdem schön. Viel schöner als Omas Kühe, die sehen nämlich alle ganz krank aus. Das liegt sicherlich am gelben Gras, mit dem die Hügel, auf denen sie stehen, ganz bewachsen sind. Das schmeckt den Kühen bestimmt nicht so gut wie grünes und deswegen essen sie weniger. Manchmal liegt da auch so stinkender Schleim auf der Weide, Dünger, sagt Oma. Aber er scheint nicht viel zu helfen; auf manchen Weiden wächst gar nichts mehr. Die sehen fast so aus wie eine Baustelle, auf der ganz viel gebuddelt wird. Wenn Onkel Wally vom Krieg erzählt, dann sagt er doch „Trichterfelder“ zu einer Landschaft, die ganz kaputt ist. Ich glaube, so wie diese Weiden haben die auch ausgesehen. Manchmal fehlen auch ein paar Kühe. Die hat dann der Fleischer abgeholt, sagt Oma, aber wenn ich der Fleischer wäre, würde ich ihr die nicht abkaufen. Und ich würde auch nicht in der Nacht kommen, um die abzuholen. Das tut er nämlich, denn am Tag habe ich ihn noch nie gesehen. Und nachts ist es hier manchmal ganz schön unheimlich, denn draußen sind immer so seltsame Geräusche. Ich habe das Oma erzählt, aber die hat nur gesagt, dass das die Tiere sind, die im Wald leben. Aber seitdem liest sie mir auch immer vor dem Schlafengehen etwas vor. Sie hat da ein ganz dickes Buch, das ganz alt aussieht und in dem komische Sachen stehen. Am Anfang habe ich davon auch Angst bekommen und geweint und gesagt, sie soll damit aufhören. Aber das hat sie nicht getan, sie hat nur gelacht und gesagt, ich würde schon noch Gefallen daran finden. Und Oma hat Recht gehabt. Ich verstehe zwar noch immer nicht, wovon das Buch handelt, aber das ist mir auch egal. Denn immer wenn Oma vorliest, kommt diese Musik und das ist sehr schön, weil es hier ja kein Radio gibt. Die Musik ist sowieso ganz anders als die im Radio bei uns. Das sind so ganz komische Gesänge ohne Text, manchmal ist es auch nur ein Brummen. Und die Musik geht auch nicht durch das Ohr, sondern ist irgendwie bereits im Kopf drin. Komisch, nicht? Ich habe Oma gefragt, wer denn diese Musik macht, und da sagte sie ein ganz komisches Wort. Sie meinte nämlich, dass das die Dole oder Dollen sind, ich habe das nicht so genau verstanden. Und sie sagte, dass das Vögel sind. Da habe mich aber gewundert, weil ich die noch gar nicht kannte. Aber Oma meint, sie würde mir bald einmal welche zeigen. Darauf freue ich mich schon!

Die Vögel müssen aber sehr klein sein, weil ich sie jetzt schon den ganzen Tag über höre. Aber immer wenn ich mich umschaue, dann sehe ich keine Vögel. Manchmal machen die Vögel auch so laute Musik, dass ich mich gar nicht richtig auf die Comics konzentrieren kann, die ich mir doch extra mitgenommen habe. Aber man kann die auch nicht verscheuchen, das habe ich schon versucht. Ich schreie dann immer ganz laut oder mache Krach, aber ich sehe nie welche wegfliegen, und aufhören tut die Musik auch nicht. Manchmal höre ich die Musik sogar, wenn ich schlafe. Dann träume ich auch immer ganz seltsame Sachen, aber nicht von Vögeln, sondern von ganz großen Würmern, die in der Erde leben und die Musik machen. Aber das kann ja nicht sein, denn Würmer können gar nicht singen, das weiß ich genau.

Aber ich freue mich trotzdem darauf, zu den Dollen zu gehen. Vielleicht kann ich ja sogar einen fangen! Und wenn die so klein sind, kann ich den dann mit nach Hause bringen, wenn der Sommer um ist? Bittebitte! Euch wird der bestimmt auch gefallen und die Musik, die der dann macht, ist wirklich ganz schön!

So, ich muss jetzt aber Schluss machen, weil die Dollen wieder so laut singen, dass ich mich nicht mehr richtig aufs Schreiben konzentrieren kann.

Es sendet euch liebe Grüße (auch von Oma)

Euer Freddy


Brief des 10-jährigen Frederick Fitzgerald Marcussen, abgestempelt am 14. Juni 1956 im Postamt von East Pittsford, Vermont, adressiert an seine Eltern Kate und Arthur Marcussen. Als Freddy Marcussen zum Ende der Sommerferien von seiner Großmutter zurück nach New York kam, klagte er darüber, andauernd Musik zu hören, die ihn ganz schwindlig mache und ihm den Schlaf raube. Ärztliche Untersuchungen konnten aber keinen Befund feststellen. Kurze Zeit später begann der Junge, seine Umgebung mit schrillen Schreien zu terrorisieren und eine extreme Unrast an den Tag zu legen. Als er seine zweijährige Schwester Heather mit lebenden Würmern fütterte und sie dabei erstickte, lieferte man ihn in ein Heim für schwer erziehbare Kinder ein. Mit Erreichen der Volljährigkeit wurde er aus der Erziehungsanstalt entlassen. Seitdem fehlt jede Spur von ihm.

Diesen Text habe ich auf der Homepage von Pegasus Spiele gefunden. Es ist eine Textpassage aus dem Buch "Necronomicon", welches ein Buch für ein Rollenspiel namens Cthulhu ist. Dieses Rollenspiel fasziniert mich, da es ein Horror-Rollenspiel ist, welches weniger auf Blut und Action ausgelegt ist, sondern auf Schrecken, auf Terror, auf Wahnsinn. Ich wäre froh, würde ich auch solch Spannende Texte schreiben können, spannende Texte, ohne das etwas passiert.

Was haltet ihr von diesem Text?
 
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Huh... ich hoffe ich hab den Text richtig verstanden ;D
Auf den ersten Blick wirkt er nich wirklich beängstigend, aber wenn man das, was der junge beschreibt, nicht mit der kindlichen Sicht und den Beschreibungen der Oma abtut, sieht man das schon echt anders...
Vor allem die spätere massive Störung in der Psysche des Jungen beeindruckt mich...
vll kannst du mir mal per PM den link dazu schicken ^^ *liebschau*
 
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Stimmt, zu Beginn ist der Text recht harmlos und man denkt sich: "Was soll das jetzt??" Doch mit der Zeit beginnt man, die Sache anders zu sehen. "Was ist das für eine Wiese, besser gesagt für ein Ort?" "Was sind das für Leute, die dort leben?"

Kinder schildern nur das, was sie sehen. Auch wenn sie nicht wissen, was genau sie sehen bzw. was vor sich geht. Der Text nach dem Brief hat mich dann umgehauen. Gestört, Schwester erstickt... Es wirkt beängstigend... ;)
 
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