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Aufbruch

J

*Jule*

Guest
hey...

...ich hab da mal eine Kurzgeschichte geschrieben, und wäre echt lieb wenn ihr die mal lesen könntet, bin über jede kritik erfreut, also schießt mal los, was ich besser machen könnte.

Aufbruch

Deine Schreie, die erneut auf mich herabprasseln, sind mir vollkommen gleichgültig. Leise lache ich über dich, innerlich, versteht sich. Und die Träne, von der du denkst, dass sie auf meinem Auge liegt, ist nichts anderes als eine Spiegelung des Lichts. Während ich dich abschätzend betrachte, frage ich mich, was du eigentlich von mir erwartest. Dass ich in Tränen ausbreche, dich auf Knien bettelnd um Verzeihung bitte? Oder sollte ich ebenfalls, so wie du, meine Stimme gegen dich erheben?
Aber nichts von beidem werde ich tun. Selbst, wenn ich deine Gedanken lesen könnte, die du so sorgsam vor mir verschlossen hältst, würde ich keine Bewegung machen. Ah, du hörst auf zu schreien und holst keuchend Luft. Erholung für meine Ohren. Ich hätte dir sagen können, dass es anstrengend ist, in einem durch die Schallmauer zu durchbrechen.
Nun lässt du dich erschöpft auf den hölzernen Stuhl neben dem kleinen, in die Mauer gemeißelten Fenster nieder. Willst du die Sterne betrachten, weil du den Kopf von mir abwendest und hinausblickst, oder bist du es nur müde geworden mich anzusehen?
Das gleißende Licht des Vollmonds, das durch die Gitter des Fensters fällt, hüllt sich um dich, wie ein glitzernder Mantel und zerfließt mit dem Weiß des Kleides, welches du trägst, das teilweise unter deinem dunkelrotem Samtumhangs hervorblitzt. Jeder Fremde, der von unten, wo trotz der Dunkelheit noch reges Treiben herrscht, zu dem kleinen Fenster hinaufblicken würde, könnte dich wahrlich für einen, vom Himmel gefallenen Engel halten. Diese Vorstellung amüsiert mich und es kostet mich einiges, meiner ansonsten starken, Beherrschung um nicht in schallendes Gelächter auszubrechen. Aber wie könnte ich es wagen, die Stille zu stören, die sich über uns gesenkt hat und nun wie ein Schleier über uns liegt?
Gleich, wie sie sich im Raum ausgebreitet hat, breitet sich in mir die Leere weiter aus und ergreift von meinem Körper Besitz. Ich bin selbst erstaunt darüber, dass ich mich weder nach der Zukunft noch zurück in die vergangenen Tage sehne, welche, an die ich mich nur mehr in schwach, verschwommenen Bildern erinnern kann, wenn ich die Augen schließe. Aber dieser Augenblick fasziniert mich. So gleichgültig mir dein Stillschweigen ist, obwohl ich mich noch immer ohne jegliche Bedeutung fühle, könnte ich ewig so verweilen. Ich fühle mich, als würden wir langsam mit der Umgebung verschmelzen, gleich den sorgsam gemalten Figuren des Gemäldes an der Wand.
Du bist es schließlich, die die Stille durchbricht. Nach einer, für mich unendlich langen, Zeitspanne, in der ich dich angestarrt habe und meinen Gedanken nachgehangen bin, bringt mich dein Ruckartiges durchbrechen des Stillstandes dazu, erschrocken zurückzuzucken und meinen Blick abzuwenden. Aber ich habe mich gleich wieder unter Kontrolle. Niemals würde ich dir meine Unsicherheit offenbaren.
Ich mustere dich nochmals und muss feststellen, dass du trotz des Hasses in deinen Augen, den Tränen, die unaufhaltsam deine Wangen hinab- und sich mit dem vertrocknetem Blut, das noch immer an deinem Halse klebt, schließlich auf dein weißes, ebenfalls mit Blut verschmiertem Kleid fließen, bezaubernd aussiehst. Du bemerkst meinen Blick, und obwohl wir uns schon Ewigkeiten kennen, ziehst du den Umhang fester um dich, als müsstest du dich vor der Kälte schützen.
Trotzig hast du nun ebenfalls den Blick auf mich gerichtet, als wärest du fest entschlossen, mich mit diesen Augen voller Emotionen, zu töten. Aber du verletzt mich noch nicht einmal mit deinem Hass. Noch immer bringe ich es nicht fertig auf dich zu oder von dir wegzugehen, obwohl ich nichts lieber täte als dich in die Arme zu nehmen, selbst wenn du mir dann sicherlich, das sorgfältig in einer deiner Manteltaschen verborgenes Messer, in den Rücken rammen würdest. Es wäre wohl besser zu gehen, bevor du es tust, denn dann hätte ich nicht verloren und ich will die Bitterkeit der Niederlage nicht in meinen Mund spüren.
So bin ich es, ich, der sich schon Stunden nicht gerührt hat, der es zu Ende bringt. Langsam, ohne das leiseste Geräusch zu verursachen, erhebe ich mich sanft. Einen kurzen Moment sehe ich dir nochmals fest in die Augen und wieder fällt es mir schwer deinen Blick von dir zu wenden, wie du so da stehst voll von brodelnden Gefühlen, deren ich nicht mehr fähig war, sie zu spüren.
Aber schließlich wendet sich mein Blick Richtung Boden und wieder darauf bedacht kein Geräusch zu verursachen, hebe ich meinen, bereits vor Tagen gepackten, Rucksack auf. Du beobachtest mich stumm und ohne dich zu bewegen, als wärest du zu einer Statue erstarrt. Ich weiß, dieses Bild von dir werde ich nie wieder aus meinen Gedanken ausradieren können. Am liebsten würde ich dich noch ein verletzendes Wort des Abschieds entgegenzuschleudern, doch mein Mund ist staubtrocken, sodass ich mir die Blamage durch mein Krächzen erspare. Oh ja, wir werden uns wieder sehen, dessen bin ich mir sicher.
Mit der letzten Würde, die mir bleibt, verlasse ich nun schnellen Schrittes den Raum. Ohne mir dessen bewusst zu sein, rinnen auch mir Tränen über das Gesicht, während ich nun fast die Treppe hinunter fliege und mich danach auf mein bereits, bei Nachtanbruch gesatteltes, Pferd schwinge. Schnellen Galopps teile ich die Menge auf der Straße, die mir nun wütende Blicke sendet.
Und obwohl ich meinen Kopf nicht einmal wende, spüre ich deinen Blick auf mir, zwei anklagende Augen, die mich auf ewig verfolgen werden.

THE END
 
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